Gastbeitrag

Warum sich Kunden in Produkte verlieben – oder nicht 

Was ist der Grund, weshalb so viele Startups auf die Feature-orientierte Kommunikation setzen und ihr Produkt zum Helden machen? In den meisten Fällen ist der Grund vermutlich, dass die Macher selbst keinen emotionalen Hintergrund zu ihrem Produkt finden.
Warum sich Kunden in Produkte verlieben – oder nicht 
Dienstag, 30. Januar 2018VonTeam

„Rechnungen online schreiben – Kostenlos, schnell und einfach.“ Ich persönlich kann es nicht mehr lesen. Immerzu sind es die gleichen abgedroschenen und leblosen Werbeanzeigen, die mir jeden Tag zuhauf im Newsfeed begegnen. Ein jedes Mal frage ich mich dann, wo die Emotionen geblieben sind. Also das, was mich wirklich bewegt. Ich kann die drei Attribute zum Produkt nur schwer als Grund wahrnehmen, weshalb ich das Produkt nutzen sollte. Ich möchte viel lieber wissen, was ich letztendlich davon habe, wenn ich es nutze. Ich brauche Benefits, keine Features. Und da bin ich nicht allein. Viele potenzielle Kunden fragen sich das, was ich mich frage.

Das wertvolle Spiel mit den Emotionen

In diesem Beitrag gehe deshalb ich tiefer in verschiedene Branchen hinein. Und ich stelle dar, dass Alleinstellungsmerkmale zwar das Produkt hochleben lassen, aber nicht das Herz des potenziellen Kunden. Es geht um Wahrnehmung und darum, wie bestimmte Worte die Wahrnehmung schlagartig beeinflussen können. Es ist das wertvolle Spiel mit den Emotionen. Schauen wir uns beispielhaft ein Startup an, welches eine kohlenhydratarme und zudem vegane Pasta herstellt. Dort wird der Unterschied zwischen Feature- und Benefit-orientierter Kommunikation sehr schön deutlich.

Feature: “Diese Pasta ist die erste, die so gut wie keine Kohlenhydrate enthält und zudem für Veganer geeignet ist.”

Benefit: “Du kannst endlich wieder Pasta genießen, ohne mit Blick auf deine Figur und Ernährung ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Natürlich vegan.”

In dem Beispiel der Benefit-orientierten Kommunikation wird ganz gezielt ein emotionales Problem angesprochen. Nämlich, dass ernährungsbewusste Leute größtenteils auf Pasta verzichten müssen, weil sie nicht ins gesunde Ernährungskonzept hineinpasst. Das Produkt hat ein ganz besonderes Alleinstellungsmerkmal. Kaum Kohlenhydrate. Aber möchte man die Zielgruppe nun wirklich mobilisieren, dann ist nicht das Feature interessant, sondern das Gefühl dahinter. Das Produkt kann das Problem der Zielgruppe lösen. Aber die Botschaft kommt in der Feature-orientierten Kommunikation nicht an. Ein weiteres Beispiel für emotionalen Werbetext sei mit Blick auf die schon erwähnte Buchhaltungslösung gegeben:  

Feature: “Rechnungen online schreiben – Kostenlos, schnell und einfach.”

Benefit: “Mit dieser intuitiven Rechnungs-Software sparst du viele Stunden, die du gewiss für andere Dinge als die Buchhaltung gebrauchen kannst. Beispielsweise für deine Kunden oder auch mal für dich selbst.”   

Jedes Startup, selbst mit einem austauschbaren Produkt, kann mit sehr guten Webseitentexten eine digitale Realität schaffen und die Wahrnehmung der potenziellen Kunden gezielt steuern.

Was passiert in den Köpfen der Menschen?

Es lässt sich nachweislich belegen, dass die Benefit-orientierten Kommunikationsbeispiele für mehr Conversions sorgen werden, als die Feature-orientierten Beispiele. Die Menschen springen drauf an, weil sie emotionale Wesen sind. Sie schleppen ein Problem mit sich herum und suchen nach einer Möglichkeit, wie sie es lösen können. Greift das Startup also eine Problemsituation gezielt auf, dann finden sich die Menschen darin wieder. Das Eis ist sofort gebrochen und sie fühlen sich gut aufgehoben. Nur aufgrund dessen, dass zwischen den Zeilen klar und deutlich steht, dass das Startup helfen kann und auf welche Art und Weise. Mithilfe des Startups wird der potenzielle Kunde zum Helden.

Bei einer Feature-orientierten Kommunikation ist das Gegenteil der Fall. Das Startup lässt den potenziellen Kunden in einem kalten, distanzierten Verhältnis allein. Dieser muss sich also zunächst intensiv mit dem Produkt auseinandersetzen, es mit anderen vergleichen, um dann die Frage, ob das Produkt ihm helfen kann oder nicht, eigenständig zu ergründen. Das braucht eine Menge Zeit, die der typische Webseitenbesucher nicht hat. Er kommt aus dem Facebook-Newsfeed, ist gerade unterwegs und vielleicht auf dem Sprung in die U-Bahn. Macht das Startup ihm nicht jetzt sofort klar, woran er ist, springt er ab. Abgesehen davon, dass das Produkt trotz seiner tollen Features einfach schnell leblos und langweilig wirken kann.  

“Aber mein Produkt ist einfach nicht emotional…?”

Was ist der Grund, weshalb so viele Startups dennoch auf die Feature-orientierte Kommunikation setzen und ihr Produkt zum Helden machen? In den meisten Fällen ist der Grund vermutlich, dass die Macher selbst keinen emotionalen Hintergrund zu ihrem Produkt finden. Sie sagen dann, dass das Produkt eben einfach nicht emotional ist. Doch das ist falsch. Jedes Produkt ist in irgendeiner Form emotional. Gerade bei solchen Produkten von Startups. Denn sie basieren fast immer auf einem Problem oder auf einer Fragestellung, für die es auf dem Markt einfach keine Lösung gibt. Wenn diese Produkte dann nachher keinen emotionalen Benefit haben, dann ist auf dem Entwicklungsweg etwas wahrlich schief gegangen. Junge Gründer sollten sich im gesamten Entwicklungsprozess immer wieder klarmachen, was es ist, für das sie sich ihre Marktposition erkämpfen. Ist es das pure Eigenlob zu dem, was man geschaffen hat? Oder ist es die von der Zielgruppe und meist auch von einem selbst lang ersehnte Lösung eines Problems?

Wie sollten Startups am Ende kommunizieren?

Beim emotionalen Werbetext setzt man die Präsentation Benefit-orientiert auf und verbindet die einzelnen Features mit den Benefits. Man baut eine Realität, in der die potenziellen Kunden sehr schnell erfassen können, was sie von einem ansonsten trocken dastehenden Feature haben. Es geht darum, die Webseitenbesucher an die Hand zu nehmen. Sie mit einem aus Worten gemalten Bild zu konfrontieren, welches hoffnungsvoll, abenteuerlich, anregend, erfrischend, mitreißend oder auch fantasievoll sein kann. Bei diesem Bild gibt es keine Grenzen. Und es hat eine von vielen deutlich unterschätze Verkaufsmacht.

“Du kannst endlich wieder Pasta genießen, ohne mit Blick auf deine Figur und Ernährung ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Natürlich vegan. Denn diese Pasta kommt ganz ohne Kohlenhydrate aus und ist deshalb wunderbar leicht. Mit einer pikant-aromatischen Tomatensauce, etwas frischem Gemüse, italienischen Kräutern und gehobeltem Parmesan zauberst du ein Gericht, welches du lieben wirst.”

Da läuft einem doch das Wasser im Munde zusammen, nicht?

Somit ist es sehr wahrscheinlich, dass die Pasta im Warenkorb landet und ausprobiert wird. Und zwar nicht nur einmal oder zweimal, sondern hunderte Male.

Zum Autor
Unter seinem Elbcontent-Label arbeitet Eike Kewitz als freier Werbetexter und Redakteur in Hamburg. Außerdem ist er im Redaktionsteam des Hamburger Startups Freelance Junior aktiv. Eike spezialisiert sich bei seiner Arbeit insbesondere auf die Themenbereiche Finanzen und FinTech, in denen er bereits für einige namhafte Unternehmen geschrieben hat.

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Foto (oben): Shutterstock