Die Hochglanzwelt des Business

Ist Facebook wirklich „nichts für B2B“?

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7 Thesen für die sinnvolle Unternehmenspräsenz in dem sozialen Netzwerk

Fast jedes Unternehmen hat sie mittlerweile: eine Facebook-Fanpage. Dennoch hält sich hartnäckig das Vorurteil, Facebook sei ja eine Consumer-Plattform, auf der vornehmlich privater Austausch stattfinde. Viele Unternehmenslenker und Kommunikationsverantwortliche führen dafür als Beweis an, dass ihre pflichtschuldigst angelegte Seite praktisch nicht performt. In Wirklichkeit ist das aber meistens ein sich selbst beweisender Beweis. Wer nämlich nur langweilige Produktnews postet oder eine Seite automatisiert bespielt, statt sich um tatsächliche Userbedürfnisse zu kümmern und in Gespräche einzutreten, wird auf keiner Plattform erfolgreich sein. Aktuelle Berichte über den Reichweitenverlust von Facebook-Postings sind vordergründig Wasser auf die Mühlen der Zweifler. Doch digitale Kommunikation ist heute unverzichtbar. Doch wie wird sie erfolgreich? 

Es ist schon erstaunlich: Während der digitale Wandel in Unternehmen voranschreitet und wir alle, mehr oder weniger unmerklich, mitgezogen werden, klafft die Schere immer weiter. Das gilt auch für den Einsatz von digitalen Medien und für das Onlinemarketing. Diese Schere klafft zwischen den Unternehmen, die erfolgreich in sozialen Netzwerken präsent sind, und denen, die nach wie vor wenig strategisch handeln. Die Firmen, die gar nicht oder kaum in Social Media präsent sind, nimmt stetig ab. Doch Präsenz allein macht eben noch kein auch nur halbwegs sinnvolles Handeln aus.

Typische Begründungen dafür, dass „Facebook nichts für Business to Business ist“, lauten interessanterweise heute noch fast gleich wie vor etlichen Jahren:

„Da sind doch nur Consumer unterwegs. So verkaufen Sie Mode oder Lifestyle an Endkunden. Aber nicht Maschinen oder Unternehmensberatung.“

„Unsere Zielgruppen sind gar nicht auf Facebook. Die würden das nicht sehen.“

„Ich habe höchste Datenschutz-Bedenken und bin daher nicht auf Facebook. So ticken auch meine Kunden.“

„Dazu ist mir meine Zeit zu schade.“

„Da sind doch nur Jugendliche, aber keine Entscheider.“

Daher möchte ich an dieser Stelle noch einmal kurz aufzeigen, warum Facebook sehr wohl im B2B-Bereich sinnvoll sein kann. Allerdings heißt das natürlich keineswegs „einfach Facebook machen“. Es muss in eine größere Strategie eingebunden sein und ist in Details ständigem Wandel unterworfen. Hier sind meine sieben Gegenthesen zu den gängigen Vorurteilen gegen Präsenzen von B2B-Unternehmen in Social Media und speziell auf Facebook.

Facebook, das größte soziale Netzwerk (zumindest im deutschsprachigen Raum) dient hier als Beispiel. Die hier beschriebenen Mechanismen gelten natürlich auch für andere Plattformen im Web. Demnächst werde ich mich noch einmal genauer mit den Möglichkeiten von Instagram für Unternehmen befassen.

1. Entscheidend ist die Gesamtstrategie

Ganz gleich, ob B2B oder B2C: Wenn Ihr Unternehmen noch nicht in sozialen Netzwerken präsent ist, darf die Frage nicht lauten, ob Sie auf Facebook präsent sein sollen oder nicht. Es geht vielmehr darum, wie Sie mit Ihrer Unternehmenskommunikation insgesamt im digitalen Wandel bestehen. Dazu gehört viel mehr als nur der Blick auf Social Media. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass soziale Netzwerke eben auch nur Medien und Plattformen sind, die bestimmte Gesetzmäßigkeiten in sich tragen. Aber sie sind eben nur ein Teil dieses riesigen Paradigmenwechsels und einer gesamtgesellschaftlichen Entwicklung, die vom digitalen Wandel bestimmt ist – oder die diesen bestimmt, je nach Sichtweise.

Der Weg geht also vom Großen, Ganzen zur Unternehmensstrategie. Von der Unternehmensstrategie zur Kommunikationsstrategie. Von der Kommunikationsstrategie zu Teilstrategien. Von den Teilstrategien zur Vernetzung untereinander. Dazu gehört heute eine Contentstrategie, und natürlich ist es hier entscheidend, welche Medien eingesetzt werden, und vor allem wie.

Die Frage lautet also weiterhin nicht: Brauchen wir eine Facebook-Seite? Richtig ist aber, dass man sich fragen und dann entscheiden muss, welche Plattformen zum eigenen Unternehmen und zur Zielgruppe passen. Und dann auch eine spezifische Strategie entwickeln. Denn Präsenzen in sozialen Netzwerken leben von der Interaktion, und in der großen informationsflut für solche Interaktion zu sorgen, ist ein Handwerk für sich.

2. Man kann den Entscheider nicht vom Menschen trennen

Auch B2B-Entscheider sind Menschen. Es ist wie im richtigen Leben, in dem sich auch oft Persönliches und Berufliches mischt und in dem nicht selten die Chemie zwischen Geschäftspartnern darüber entscheidet, ob es mit dem Professionellen klappt. Menschen neigen dazu, sich zu vernetzen und über die gemeinsame Identifikation mit Themen, Interessen, Hobbys auch berufliche Kontakte weiterzuführen.

Soziale Netzwerke wie Facebook sind ja, obgleich von bestimmten Funktionen und Algorithmen geprägt, letztlich nur Plattformen, auf denen sich Gruppen zusammenfinden. Wer nun in seinem virtuellen Umfeld auf Facebook nur auf feiernde Teenager oder belanglose Inhalte trifft, hat schlicht und einfach sein Umfeld nicht sorgfältig genug gewählt. Er ist mit jemandem zu vergleichen, der in eine Jugenddisco geht und sich dann dort wundert, dass er keine potenziellen Geschäftspartner mit sechs- oder siebenstelligen Etats trifft.

Dies führt jedoch zugleich zu der Erkenntnis, dass Facebook zu einem guten Teil aus persönlicher Kommunikation besteht. Das heißt auch, ein Gutteil auch der B2B-Kontakte funktioniert dann besonders gut, wenn sie über „Köpfe“ stattfinden und nicht allein über mehr oder weniger anonyme Unternehmenspräsenzen. Unternehmen brauchen noch viel mehr, als es jetzt der Fall ist, Protagonisten, die in der digitalen Welt mitmischen, statt sie pauschal als Freizeitvergnügen abzutun. Denn dort sind nicht allein die Kunden. Dort finden sich auch die Arbeitskräfte der Zukunft!

3. .. und Arbeitskräfte ebenso!

Unternehmen können sich natürlich offiziell aus sozialen Netzwerken heraushalten. Aber Sie können nicht verhindern, dass mittlerweile ein Großteil Ihrer eigenen Mitarbeiter längst dort unterwegs ist und sich austauscht. Die Grenzen zwischen privat, öffentlich und professionell verschwimmen immer mehr. Wer sich mit seinem Arbeitgeber identifiziert, wird sich dort auch positiv über ihn äußern. Oder beispielsweise stolz dessen Statusmeldungen teilen.

Umgekehrt kann keine Kontrolle der Welt den virtuellen Flurfunk unterdrücken, mit dem sich Kollegen persönlich untereinander auch über Berufliches austauschen. Wer aber als Firma komplett „draußen“ bleibt, begibt sich jeder Möglichkeit, ungute Entwicklungen mitzubekommen oder andererseits positive zu nutzen.

Ein ganz wichtiger, vielleicht sogar der wichtigste Aspekt der Unternehmenspräsenz auf Facebook ist das Employer Branding. Studierende vernetzen sich über Facebook-Gruppen, managen dort ihre Kontakte und tauschen sich über das Studium aus. Für sie ist es ganz selbstverständlich, in dem sozialen Netzwerk auch auf potentielle Arbeitgeber zu treffen. B2B-Unternehmen in strukturschwachen Regionen nutzen längst die Möglichkeit, Nachwuchskräfte im virtuellen Raum direkt anzusprechen, wo diese räumlich zunächst noch fern sind.

4. Sie sind vielleicht längst „drin“

Wer hat die Informationshoheit über Ihren Firmennamen – auch, aber nicht nur auf Facebook? Es sind nicht nur Einzelfälle, in denen Unternehmen auf Facebook vertreten sind, sogar mit Seiten, die ganz offiziell aussehen, aber von irgendjemandem eingerichtet wurden. Im günstigsten Fall sogar von begeisterten Mitarbeitern, die zum Sprachrohr werden, ohne ein Mandat von der Unternehmensleitung zu haben. Je nachdem, wie gut ihre kommunikativen Fähigkeiten sind, macht das auch einmal einen seltsamen Eindruck.

Ich habe letztens von einem Kundendienst-Mitarbeiter gehört, der sämtlich Reparaturfälle seines Arbeitgebers als Fotos auf einer Facebook-Seite gepostet hatte. Es geschah aus Begeisterung, war aber etwas kurz gedacht. Ganz sicher stimmte es nicht mit dem Kommunikationskonzept seines Arbeitgebers überein. Dieser erfuhr allerdings nur durch Zufall und erst nach Jahren davon.

5. Social Media ist mehr als nur „Verkaufen“

Es gibt viele Fehlannahmen und überzogene Erwartungen an Präsenzen in sozialen Netzwerken. Interessanterweise lehnen Kommunikationsentscheider eine Präsenz des Unternehmens auf Facebook beispielsweise mit dem Argument ab, dass dies nicht genug direkte Verkäufe erzeuge. Dabei scheinen sie zu vergessen, dass viele Bereich in der Unternehmenskommunikation seit jeher nicht primär darauf aus sind, direkten Umsatz zu erzeugen. Trotzdem wird weiter in sogenannte „klassische“ Imagemedien investiert; übrigens oft ohne dass man hier den Return on Investment auch nur annähernd beziffern könnte. Tatsächlich sind aber Facebook-Anzeigen, richtig eingesetzt, oft ein hervorragendes Mittel, um Angebote zu promoten und zu verkaufen.

Es bedarf also, wenn nicht schon längst geschehen, einer Neubetrachtung der verschiedenen Medien und ihrer Wirkung. Übrigens: Digitale Medien bieten oft, lange bevor die eigentlichen KPIs messbar werden, sehr feine quantitative und qualitative Indikatoren, um zu sehen, ob eine Maßnahme in die richtige Richtung geht.

6. Reichweite nur noch mit wertvollen, multimedialen Inhalten

Leider denken Unternehmen bei einer Facebook-Präsenz oft einfach an eine Seite, auf der dann in altbewährtem Verlautbarungsstil irgendwelche Firmenmitteilungen veröffentlicht werden. Wer sich dann wundert, dass die Resonanz ausbleibt, kann schon fast froh sein, dass es wenigstens kein negatives Feedback gibt.

Kommunikation im digitalen Wandel funktioniert anders, als es häufig in den Köpfen der Entscheider verankert ist. Vor allem bedeutet „social“ eine Many-to-Many-Kommunikation, an der sich jeder beteiligen kann. Doch Menschen beteiligen sich nur daran, wenn es auch für sie interessant und attraktiv ist. Dazu gehört, dass sie aktiv beteiligt und eingebunden werden wollen.

Eine aktuelle Studie von Buzzsumo zeigt, dass die Reichweite einzelner Facebook-Postings weiter massiv zurückgeht, was natürlich vor allem mit der steigenden Zahl der Inhalte insgesamt zu tun hat. Videos allerdings schneiden deutlich am besten ab.

Unternehmen müssen sich also immer besser überlegen, wie sie ihre Community überhaupt noch erreichen. Hierfür bietet Facebook viel mehr Möglichkeiten als allein die Statusmeldungen auf der eigenen Pinnwand. Kundensupport, Pflege einer fachlichen Spezial-Community in Gruppen, das bereits genannte Employer Branding und die bereits angesprochene persönliche Vernetzung.

Multimediale Formen sollen auf jeden Fall einen steigenden Stellenwert einnehmen.

7. Sichtbarkeit braucht kritische Massen

Am Ende führt jedes noch so spezialisierte Business zum einzelnen Menschen und zum Endkunden. Das Image eines Unternehmens wird eben nicht nur von einem Fachpublikum geprägt, sondern oft auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

Facebook-Seiten bieten sich geradezu an, trockene Materie spannend aufzubereiten und dadurch, immer im Rahmen einer größeren Kommunikations- und Contentstrategie, zu Verbreitung, Empfehlung und gesteigerter Wahrnehmung zu gelangen. Das nützt nicht nur dem Traffic auf der Website, nicht nur dem Image. Auch Entscheider und potentielle Arbeitskräfte (siehe oben) werden auf diese Weise aufmerksam.

B2B-Zielgruppen finden: So funktioniert es wirklich

Was dann oft noch bleibt, ist die Frage: „Aber wie finde ich denn als B2B-Unternehmen die passenden Zielgruppen auf Facebook?“ In diesem schon etwas älteren Beitrag zeigt der Facebook-Spezialist Thomas Hutter, wie es geht. Die grundlegenden Prinzipien sind natürlich geblieben, aber im Detail hat sich einiges verändert. Dieser Artikel wird daher gerade überarbeitet und steht demnächst in einer aktualisierten Fassung zur Verfügung.

Dr. Kerstin Hoffmann
10 Kommentare
  1. Marco sagte:

    Interessanter Beitrag!
    Ich stimme auch absolut zu, dass die B2B Zielgruppe auch auf Facebook unterwegs ist (egal ob beruflich oder privat). Allerdings ist das B2B targeting im Vergleich zu anderen Sozialen Netzwerken auf Facebook nicht so effektiv. Das Facebook targeting nach Geschlecht, Ort, Alter, Vorlieben usw läßt zwar sicher auch eine Projektleiter, Einkäufer für z.b. für IT Equipment „treffen“ aber mit einer ganzen Menge Streuverluste.
    Linkedin ist hier sicherlich am besten geeignet. Hier kann ich sogar nach Frimengröße, Titel, Abteilung etc targeten. Aber auch Twitter sollte nicht vernachlässigt werden, hier kann man sehr gut nach Keywords, @handle oder Interessensgruppen (Z.b. IT, Datacenter) targeten.
    Am Ende geht es doch darum, wo bekomme ich den besten ROI und da sehe ich Facebook sicherlicht nicht ganz oben.

  2. Kerstin Hoffmann sagte:

    Danke für deine Einschätzung. Jede Unternehmenskommunikation hat Streuverluste, dass wissen wir ja schon seit Henry Fords überflüssigen 50 Prozent, von denen wir nur wissen, welche. ;) Es geht auch nicht um „ganz oben“, sondern um den Mix und die Art und Weise, wie man Menschen anspricht. Darüber und über das Targeting gibt es noch mehr Informationen in dem Beitrag von Thomas Hutter in der kommenden Woche.

  3. Marco sagte:

    Danke für die Antwort und stimme absolut zu, dass es überall Streuverluste gibt.
    Wenn es jedoch die Möglichkeit gibt,diese zu minimieren (z.B. mit Linkedin, Twitter) sollte man m E die Chance ergreifen, denn gerade bei B2B Firmen wird im Social Web sehr genau auf den ROI geschaut ;)
    Freue mich auf den Beitrag von Thomas Hutter, vielleicht enthält dieser sogar einen Targeting-Vergleich mit anderen Netzwerken ?

  4. Olaf Briese sagte:

    Sehr gute Erläuterung, vielen Dank. Besonders der Vergleich mit der Dorfdisco gefällt mir. Leider werden die sozialen Netzwerke von vielen immer noch als solche betrachtet, obwohl sich die Dorfjugend immer seltener dort aufhält, sondern eher eben unsere Generation.

  5. Martin Maubach sagte:

    Sehr richtig und ich bin es langsam auch leid, immer wieder diese Aussagen zu hören oder lesen zu müssen. Man sollte in der Social Media Kommunikation gar nicht länger auf die Unterscheidung B2C oder B2B pochen. Es hat sich längst vermischt. Es sagt doch auch niemand ganz bewusst: „Ich bin auf Facebook nur für private Zwecke“. Jeder ist Konsument und Produzent. Ist privat und beruflich unterwegs. Auf Facebook ist man für alle Bereiche zugänglich, sofern man sich für das Thema interessiert.

  6. Sascha Tobias von Hirschfeld sagte:

    Unser Erfahrung zeigt, daß viele Unternehmen gar nicht zu dem Punkt gelangen, beurteilen zu können, ob Facebook für ihr Marketing wirklich taugt. Denn nur selten wird qualitativ analysiert, ob die eigene Zielgruppe dort erreicht wird.

  7. Roger Koplenig sagte:

    Sehr guter Artikel, danke!! Facebook funktioniert im B2B-Bereich sehr gut. Meiner Meinung nach sogar noch besser als B2C. Gerade das Arbeiten in Gruppen für Produkt- oder Marketing-Ko-Kreation sind hilfreich, um Beziehungen aufzubauen und festigen. Bessere Markenbotschafter bekommt man kaum.

  8. Oliver Marquardt sagte:

    Da muss ich leider etwas Kritik üben. Nein, Facebook ist nichts für den Vertrieb im Mittelstand. Selbst der Aufbau einer Reputation ist fraglich. Viel zu wenig Entscheider Ü40 machen Facebook per se für Entscheiderkommunikation im klassischen B2B uninteressant. Wenn nicht mal jeder zweite Deutsche Facebook nutzt, woher soll die Relevanz kommen? Facebook eignet sich aber dafür umso mehr, wenn ich das Thema Employer Branding vorantreiben will!

  9. Kerstin Hoffmann sagte:

    Kritik??? Wir sind uns völlig einig. Niemand hat je behauptet, dass Facebook ein Vertriebsinstrument wäre. Wer Facebook so versteht, hat grundlegend etwas nicht kapiert.

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