Warum Google Pagespeed Insights zur Geschwindigkeitsoptimierung einer Webseite nicht wirklich brauchbar ist

27. März 2017

Viele sehen in Google den einen Heiligen Gral, wenn es darum geht, eine Seite hinsichtlich ihrer Auffindbarkeit, Benutzbarkeit und überhaupt allem zu optimieren. Hierfür liefert Google ja nun auch einige hauseigene Tools, die deutlich machen sollen, wo Probleme liegen.

Viele Seitenbetreiber erliegen allerdings der Annahme, dass jedes angebotene Tool Auswirkungen auf das Ranking einer Seite haben soll. Dem ist aber nicht so, denn Google will auch helfen, andere Dinge abseits des Seiten-Rankings zu optimieren. Eines dieser Tools, das viele Leute kennen, ist Google Pagespeed Insights. Und gerade dieses ist eines der am meisten falsch interpretierten Tools, die Google bereitstellt.

Was genau läuft bei Google Pagespeed falsch?

Zugegeben, die augenscheinliche Message des Tools  lässt viel Positives erhoffen. “Benutze es, um deine Seite zu optimieren und sie wird schneller”. Das ist das, was das Tool mit seinem Namen suggeriert. Praktisch sieht das allerdings etwas anders aus.

Wichtige Daten werden nicht gemessen

Wir können das klassisch nach Schulbuch angehen: Geschwindigkeit ist ein Ausdruck des Betrags der Zeit, die ein Objekt für einen Ortswechsel braucht. Bezogen auf unseren Usecase wollen wir also die Zeit messen, die unsere Webseite braucht, um im Browser des Aufrufers anzukommen. Google Pagespeed Insights misst diese Zeit allerdings nicht.

Der einzige Zeitfaktor, der gemessen wird, ist der, wie lange es dauert, bis die allerersten “Happen” einer Seite am Ziel ankommen. Völlig außen vor ist, wie lange es dann dauert, bis alles vollständig da ist und im Browser verarbeitet werden kann. Wenn eine Webseite also ein Sturm ist, würde Google Pagespeed Insights als Nachrichtensprecher sagen: Dieses Unwetter war besonders schlimm, denn es begann nur 10 Minuten nachdem das letzte aufgehört hatte. Der Nachrichtensprecher würde nicht berücksichtigen, wieviel es dann während des Unwetters tatsächlich geregnet oder gestürmt hat. Wir sehen an diesem Beispiel vermutlich alle, dass hier real wichtige Daten auf der Strecke bleiben.

Mit dem eigentlichen „Speed“ einer Webseite, hat das Pagespeed Insights Tool also nur wenig am Hut. Das ist das große Missverständnis, dem viele Nutzer aufsitzen. Sie denken, dass eine niedrige Pagespeed Insights-Wertung automatisch auch bedeutet, dass die eigene Seite viel zu langsam und überhaupt viel zu schlecht ist. Dem ist aber nicht in jedem Fall so.

Nicht alles, was moniert wird, ist auch wirklich ein Fehler

Eine andere Sache sind die außerhalb der Gesamtwertung einzeln aufgeführten Themenkreise. Nicht jeder davon ist per se sinnig oder unsinnig, hier lohnt eine individuelle, offene Betrachtung. Zwischendurch schafft es das Tool nämlich tatsächlich, einige Schwächen einer Webseite in den Details der Wertungen sinnvoll aufzuzeigen. Andersherum gilt aber auch, dass nicht jeder monierte Punkt einen Handlungsbedarf aufzeigt. Allzu häufig ist es der Fall, dass eine Webseite schnell aufgebaut und sehr gut benutzbar ist und trotzdem eine miese Wertung bei Google Pagespeed Insights erhält. Die Gründe dafür können vielfältig sein.

Javascript und CSS

Häufig kritisiert wird die Einbindung von blockierendem JavaScript und CSS. Das meint, diese Elemente müssen vollständig geladen sein, denn vorher kann ein Browser nicht beginnen eine Seite am Bildschirm zusammenzusetzen. Es ist dabei allerdings natürlich, dass immer eine gewisse Menge an Daten geholt worden sein muss, um loslegen zu können, das lässt sich also in keinem Fall vollständig vermeiden.

Auch die Größe beziehungsweise die Menge an Bildern, die auf der analysierten Seite angezeigt werden, wird häufig moniert. In diesen Angaben steckt häufiger – aber eben nicht immer – ein Stück Wahrheit, dazu komme ich weiter unten.

Bilder und Cache

Gerne kritisiert werden auch fehlende oder zu kurze Angaben, wie lange Elemente im Browser der Nutzer gecached werden dürfen. Optimierung von Bildern und die Angabe von Caching-Parametern, bieten dem Seitenbetreiber somit möglicherweise Potenziale, den Pagespeed-Score seiner Seite zu verbessern.

Die Reihenfolge wann welches JavaScript und wann das CSS geladen wird, bieten diese Möglichkeit aber eher selten. Hier wird also eher eine fehlerhafte Darstellung in Kauf genommen, indem die Seite in dem Moment, wo sie geladen wird, kurzzeitig nicht richtig dargestellt wird und ein folgendes Hoppeln, Springen, Umfärben oder plötzliche Umbrüche Nutzer verschrecken könnten. Auch die Wahl von größeren oder mehreren Bildern kann in vielen Fällen bewusst erfolgt sein, damit die Seite besser in der Google Bildersuche gefunden wird.

Das „Google-Puzzle“ als Problem

Um zu verstehen, warum es zu einer solchen Uneinigkeit seitens Google kommen kann, muss man verstehen, wie Google selbst eigentlich aufgestellt ist. Google ist schon lange keine Firma mehr, die nur einen Standort hat oder ein einzelnes Entwicklerteam beschäftigt. Google ist vielmehr ein riesiges Konstrukt aus vielen kleinen und großen Unterabteilungen und -firmen, die über den gesamten Globus verteilt sind. Das, was wir als “Google” bezeichnen, ist kein einzelner großer Körper, sondern viel eher ein Puzzle, was sich aus vielen kleinen “Googles” zusammensetzt.

Ein Team macht meist eine Sache: Es gibt ein Team, das Android macht, ein anderes macht die Suchmaschine, ein weiteres Pagespeed Insights. In der Realität ist das natürlich noch viel weiter aufgesplittert, wir reden über einen Weltkonzern mit vielen tausend Mitarbeitern und Projekten.

Hier ist es dann auch unausweichlich, dass von den unterschiedlichen Teams Dinge jeweils anders bewertet werden. Jedes Team agiert mit einem anderen Auftrag im Hinterkopf. Das erklärt dann auch die miesen Wertungen von Pagespeed Insights für andere Google-eigene Tools und Angebote. Hier werden Dinge unterschiedlich bewertet und es wird dabei keine Rücksicht auf die Entwicklungen der anderen Abteilungen rund um den Globus genommen.

Sind deswegen aber all diese anderen Google Dienste, wie z.B. Analytics, schlecht? Oder überwiegt der Nutzen dem gemessenen Nachteil? Sollten z.B. keine Webfonts eingebunden werden, obwohl sich mit ihnen viele Gestaltungsmöglichkeiten ergeben, die es ohne niemals gäbe? Doch zurück zu Pagespeed.

Was genau misst Google Pagespeed Insights denn nun eigentlich?

Die Frage mag sich nun so einigen Lesern stellen. Zumindest tut es augenscheinlich nicht das, was der Name suggeriert. Eigentlich analysiert und bewertet das Tool die technische Struktur einer Webseite und wie gerne es diese verwendete Struktur mag. Es geht dabei davon aus, dass eine ganz bestimmte und einzige Struktur umwerfend schnell sein müsste, akzeptiert aber auch nur diese eine Struktur, als die einzig richtige Wahrheit.

Website ist nicht gleich Website

Es gibt bei Strukturen aber nicht nur diese eine Wahrheit, wie uns das Tool weismachen möchte, beileibe nicht. Wird aus berechtigten Gründen ein anderer Seitenaufbau genutzt, weil dieser im Kontext gesehen vielleicht um einiges schneller und nutzerfreundlicher ist, straft Google Pagespeed Insights einen ab, weil gegen die Strukturvorgaben des Tools verstoßen wurde.

Also ist das Tool zum Überprüfen der verwendeten Struktur nur bedingt nützlich. Ein jeder wird hier auch verstehen, dass Webseiten je nach Einsatzgebiet anders aufgebaut sein werden. In einem Webshop geht es um andere Dinge als auf einer Homepage für Kochrezepte. Das Tool kann auf jeden Typ von Webseite angewendet werden und ist Generalist. Wenn aber nur ein Strukturtyp “erlaubt” ist, muss irgendwas in der Wertung über die Klippe fallen.

Ein haarsträubendes Beispiel

Sehen wir uns einmal konkret einen aktuellen “falschen Positiven” an, eine Ente. Ein wirklich gutes Beispiel für eine falsche Bewertung des Tools können wir aus der aktuellen Entwicklungsarbeit für den Shop liefern:

Mit dem Honeygrid-Template wurden einige Bilder per CSS als Hintergrund-Grafik eingebunden, mit dem Hintergedanken, dass sie sich so besser skalieren lassen und dass dieses Vorgehen besser für die responsive Darstellung des Templates geeignet ist.

Was dabei nicht bedacht wurde ist, dass die Bilder hierdurch nicht mehr sicher durch die Google-Bildersuche gefunden werden können, was effektiv in einer schlechteren Auffindbarkeit bei Google resultierte. Denn Google wertet Hintergrundbilder als geringer wertvoll, welcher Suchende will auch Hintergrundbilder statt Vordergrundinformation sehen?

Dies wurde mit dem vor kurzem veröffentlichten Master Update GX3 v3.4.0.0 behoben, sodass die Bilder nun wieder in der Bildersuche gefunden werden. Diese Verbesserung für den Wert von Shopseiten und für das Google-Ranking hatte aber auch zur Folge, dass das Google Pagespeed Insights Ranking sich erheblich verschlechtert hat. Doch warum das?

Gleiche Geschwindigkeit = schlechtere Pagespeed-Bewertung

Der Hintergrund  ist einfach, wenn auch nicht wirklich nachvollziehbar: Google Pagespeed Insights bewertet Bilder, die per CSS eingebunden werden, generell nicht, beziehungsweise anders, so dass diese das Gesamtergebnis nur gering beeinflussen. In dem Moment, in dem die Bilder wieder direkt im HTML mit dem dafür vorgesehenen Tag eingebunden worden waren, hagelte es schlechte Wertungen. Hier sei angemerkt, dass es sich um die gleichen Bilder wie zuvor handelte.

Das bedeutet, die Geschwindigkeit der Seite selbst hat sich also in absolut keinem Fall verändert, und trotzdem mag uns Google Pagespeed Insight jetzt weniger. Hieran lässt sich sehr gut absehen, dass die Bewertungen durch das Tool nicht wirklich immer treffsicher sind, wenn es darum geht dem Webseiten-Nutzer ein besseres Nutzererlebnis zu bieten, beziehungsweise seine Seite nach SEO-Kriterien zu optimieren.

Die nachfolgenden Bilder zeigen es deutlich: Das erste Bild (Abb. 1) zeigt die Basis, einen Gambio-Shop in der Version GX3 v3.2.3.1. Dieser wurde nach der Messung per Master Update auf die Version GX3 v3.4.0.0 geupdatet, welche die oben angesprochene Anpassung zur besseren Auffindbarkeit von Bildern in der Google-Bildersuche enthält. Das Ergebnis des geupdateten Shops sieht man im zweiten Bild (Abb. 2). Es handelt sich um denselben Shop mit den gleichen Bildern. Die Ladezeit bleibt auf einem gleichen Niveau. Lediglich das Verfahren zur Einbindung der Bilder hat sich geändert. Trotzdem verschlechtert sich die Wertung um ganze sechs Punkte:

Pagespeed Bewertung vor der Änderung

Abb. 1: Pagespeed Insights Ergebnis eines Shops mit der Version GX3 v3.2.3.1

 

Pagespeed Bewertung nach der Änderung

Abb. 2: Pagespeed Insights Ergebnis eines Shops mit der Version GX3 v3.4.0.0

Gibt es eine Lösung?

Hier stellt sich die Frage: was ist das Ziel? Soll Google Pagespeed Insights glücklich gemacht werden oder der Nutzer ein gutes Seiten- beziehungsweise Shoppingerlebnis geboten bekommen und den Shop für für sich maximal relevant halten? Beides zusammen ist nicht fair zu erreichen.

Kleine Tricksereien…

Eine Möglichkeite wäre es, das Tool zu überlisten, was auch tatsächlich recht häufig passiert. Nach dem Motto: Kenne die Schwächen des Tools und nutze sie aus!

Soll Google Pagespeed glücklich gemacht werden, so ist das eigentlich ziemlich simpel: Einfach über dem eigentlichen Inhalt der Webseite/des Onlineshops einen ganz kleinen Brocken ungestyltes HTML platzieren, welches so lange angezeigt wird, bis die eigentliche Seite im Hintergrund komplett fertig geladen ist. Anschließend den kleinen HTML-Fetzen wieder per JavaScript ausblenden und den eigentlichen Inhalt der Seite anzeigen. Das reicht schon. Google Pagespeed ist wahnsinnig glücklich, da es kein blockierendes CSS oder JavaScript gibt und die Seite angeblich sofort und schnell benutzt werden kann.

…auf Kosten des Nutzers

Denn ist damit der Nutzer der Webseite/des Onlineshops glücklich? Klares Nein, absolut nicht!

Für eine Marketingaktion sähe das sicher schön aus, aber allein aus Ethikgründen verzichten wir auf solche Hinterlistigkeiten. Der Besucher wird sich am Ende auch fragen, was die “deplatzierte” Meldung bei jedem Seitenaufruf soll und ist dann wahrscheinlich auch schneller verschwunden, als man schauen kann.

Und wie lange Nutzer auf einer Webseite verweilen, ist bei Google ein ziemlich wichtiger Rankingfaktor. Bleiben die Nutzer also nicht lange, dann verschlechtert sich auch das Ranking der Seite. Daraus folgt dann natürlich, dass es wünschenswert ist, den Nutzer der eigenen Webseite glücklich zu machen und möglichst lange auf der eigenen Seite zu halten.

Das ist manchmal vielleicht nicht ganz einfach, aber wenn die eigene Seite gut gefunden gefunden wird, ansprechend aussieht und schnell bedienbar ist (auch auf Mobilgeräten), ergibt sich daraus in aller Regel ein deutlicher Vorteil gegenüber dem, der sich darauf konzentriert um jeden Preis eine hohe Wertung bei Google Pagespeed Insights zu bekommen.

Denn ein gut funktionierender Online-Auftritt, mit guten und griffigen Texten, schönen, aber nicht zu großen Bildern und gutem, zielführendem Design, ist bedeutend wichtiger, als die Wertung eines zur Willkür neigenden Online-Tools.

Auch die reale Seitengeschwindigkeit ist im Auge zu behalten. Diese beeinflusst maßgeblich das Nutzererlebnis sowie die Conversions und ist auch relevant fürs Ranking. Hierfür empfehle ich kostenlose Tool wie beispielsweise Pingdom.

Ein Aufruf zum Schluss

Denkt bitte daran, dass die vielen Tools da draußen nur gesamt und kritisch hinterfragt ein Schlüssel zum Erfolg sind, sie sind keinesfalls allwissend und perfekt. Sie liefern ein paar brauchbare Hinweise, wenn etwas wirklich im Argen ist, mehr nicht.

Wenn eine Webseite gut und schnell funktioniert und gute Inhalte bietet, dann ist das viel wertvoller als irgendeine Bewertung eines Online-Tools.


Für aktuelle News aus der Welt des E-Commerce folgen Sie uns bei Twitter

Selbstverständlich finden Sie uns auch bei Facebook

Erstellen Sie mit Gambio ganz einfach noch heute Ihren eigenen Onlineshop

Mehr erfahren