10 Dinge, für die Shopbetreiber nicht abgemahnt werden können

06. Juli 2017

Blogs und Internetforen sind voll von Meldungen über die neuesten und kuriosesten Abmahngründe. Bei Händlern erweckt das jedoch den Eindruck, sie könnten fast gar nichts schreiben, ohne sich in die Gefahr einer Abmahnung zu begeben. Doch keine Panik. Wir haben uns auf die Suche begeben und mit unserem Partner Händlerbund zehn exemplarische Gründe herausgesucht, die bei einer Abmahnung gerade nicht geltend gemacht werden können:

1. Keine Abmahnung bei Streichpreisen

Ist einem Preis ein durchgestrichener höherer Preis gegenübergestellt, wird sich der Kunde freuen, was er für ein tolles Angebot erwischt hat. Um für noch mehr Transparenz zu sorgen, sollten Händler lange Zeit angeben, worum es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt, beispielsweise den bisherigen Preis des Händlers. Der BGH traut den Verbrauchern jedoch mittlerweile mehr zu: Eine durchgestrichene Preisangabe ohne nähere Erläuterung sei nicht mehrdeutig oder irreführend. Der durchgestrichene Preis sei eindeutig der früher vom Händler verlangte Preis (Urteil des Bundesgerichtshofes vom 05.11.2015, Az.: I ZR 182/14).

2. Keine Abmahnung bei selbstverständlicher Selbstverständlichkeitenwerbung

„100% Original“, „14 Tage Widerrufsrecht“. Aussagen, die als Selbstverständlichkeit eingestuft werden, weil der Verkauf von Plagiaten ohnehin gesetzlich verboten ist bzw. jedem Kunden ein 14-tägiges Widerrufsrecht zusteht. Wird eine Aussage aber mit dem Zusatz „selbstverständlich“ versehen, sei die Werbung nicht unzulässig. Mit diesem Trick kann eine Abmahnung umgangen werden

3. Keine Abmahnung bei Werbung mit „Cotton“

Textilien müssen immer mit der entsprechenden Prozentangabe und der Faserbezeichnung versehen werden. Selbst bei den Bezeichnungen ist man nicht völlig frei. Erlaubt ist nur das Wort „Baumwolle“. “Cotton” statt Baumwolle soll aber möglich sein, weil Verbraucher wissen, dass es sich bei Cotton um Baumwolle handle (OLG München, Urteil vom 20.10.2016, Az. 6 U 2046/16).

4. Keine Abmahnung bei fehlenden AGB

Jeder Shop hat sie und keiner liest sie. Wozu gibt es überhaupt überall AGB? Entgegen des weitläufigen Irrtums ist es tatsächlich so, dass der Online-Handel nicht zwingend AGB benötigt. Händler müssen lediglich bestimmte Pflichtinformationen erfüllen. Wo sie dies tun und wie sie das bezeichnen ist grundsätzlich egal, solange der Kunde alle Informationen (z.B. zur Identität der Händlers) findet, benötigt man keine AGB.

5. Keine Abmahnung bei angebotenen Markenartikeln

Markenabmahnungen kosten viel Geld und steigen laut einer Händlerbund-Studie in ihrer Häufigkeit immer mehr an. Händler dürfen den Markennamen verwenden, soweit sie Artikel des Markeninhabers zulässigerweise verkaufen. Im Grundsatz gilt, dass Händler, die Original-Markenprodukte verkaufen, deren Markennamen auch in ihren Angeboten nennen dürfen. Eine Abmahnung wäre nicht gerechtfertigt, wenn ein Händler eines Adidas-T-Shirts auch die Marke nennen würde.

6. Keine Abmahnung bei nicht-grundpreispflichtigen Artikeln

Werden Produkte in verschieden großen Varianten angeboten, ist für den Verbraucher kein Preisvergleich möglich. Aus diesem Grund fordert der Gesetzgeber zusätzlich zur Angabe des Endpreises einen Grundpreis. Eine Grundpreisangabe ist aber nicht notwendig, wenn es sich bei den verkauften Artikeln um ein Set handelt oder eine sonstige Ausnahme vorliegt. Eine Pflicht zur Grundpreis-Angabe pro Stück gibt es nicht.

7. Keine Abmahnung für berechtigte Kritik am Konkurrenten

Das Internet ist gerade darauf angelegt, dass Nutzer beliebig Meinungen und Kommentare teilen können. Dass man für die eigenen Äußerungen einstehen muss, ist klar. Für eine kritische Äußerung braucht sich aber niemand zu rechtfertigen – wenn sie in den Grenzen des rechtlich Zulässigen sind. Das wird jedem im Rahmen der Meinungsfreiheit garantiert. Onlinehändler dürfen ihre Meinung zu einem Konkurrenten oder Konkurrenzprodukt daher frei äußern, ohne rechtliche Angriffe fürchten zu müssen.

8. Keine Abmahnung für Missachtung der UVP

Preisdumping wird besonders im Internet groß geschrieben. Den Herstellern schmeckt das nicht und sie pochen auf ihre „unverbindliche“ Preisempfehlung. Die Richter des BGH stellen noch einmal klar, dass bereits als unzulässige Beeinflussung der Preisgestaltung im Sinne des Kartellrechts zu werten ist, wenn ein Hersteller Kontakt zum Händler aufnimmt und das Unterschreiten der UVP thematisiert und damit “durch die Blume” ein Über- oder Unterschreiten der UVP verbieten will.

9. Keine Abmahnung beim „Kauf“ positiver Bewertungen

Warum also noch auf legalem Wege positive Bewertungen sammeln und Kunden hierzu mit Rabatten oder anderen Vergünstigungen animieren? Ein Händler, der sich positive Bewertungen „erkauft“, kann dies aber in den rechtlichen Grenzen sogar tun. Das Verknüpfen von Vergünstigungen mit der Abgabe von Kundenbewertungen ist aber nur dann umsetzbar, wenn in Zusammenhang mit den Bewertungen ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Kunden für die abgegebenen Bewertungen eine Vergünstigung erhalten haben.

10. Keine Abmahnung für fehlendes Abhaken der Rechtstexte

Ein Satz „Ich habe die AGB und Kundeninformationen des Anbieters gelesen und erkläre mit dem Absenden der Bestellung mein Einverständnis“ ist völlig ausreichend, soweit die Wörter „AGB und Kundeninformationen“ mit einem Link zu diesen Texten ausgestattet sind. Die Abhakfenster „Ich habe die AGB zur Kenntnis genommen und stimme diesen zu“ sowie Abhakfenster, in der der Kunde dies aktiv bestätigen kann oder muss, sind nicht notwendig.

Gestaltung des Shops

Im Online-Handel gibt es noch einiges zu beachten. Dabei überwiegen die Fehlerquellen deutlich die hier aufgezählten Punkte, die nicht zu einer Abmahnung führen können. Außerdem gelten von Shop zu Shop, von Plattform zu Plattform Besonderheiten, die Einfluss auf die jeweilige Gestaltung der rechtlichen Informationen haben. Eine Shoptiefenprüfung und fundierte juristische Beratung kann jedoch langfristig für einen sicheren Handel sorgen.

Hier kann der Händlerbund helfen!

 

Über die Autorin:

Yvonne Bachmann ist als Rechtsanwältin für den Händlerbund tätig. Dort berät sie Online-Händler in Rechtsfragen und berichtet auf dem Infoportal OnlinehändlerNews regelmäßig zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche bewegen.


Für aktuelle News aus der Welt des E-Commerce folge uns bei Twitter

Selbstverständlich findest du uns auch bei Facebook

Erstelle mit Gambio ganz einfach noch heute deinen eigenen Onlineshop

Mehr erfahren