Die VRRL: Umfangreiche Änderungen und Anpassungen in Online-Shops erforderlich – dennoch kein Freitag der 13.

04. April 2014

Am 13.6.2014 wird die europäische Verbraucherrechte-Richtlinie (VRRL) in deutsches Recht umgesetzt. Betroffen sind vor allem Sie als Online-Händler. Die Gesetzesänderung macht – insbesondere im Widerrufsrecht – einige Veränderungen und Anpassungen Ihrer Shop-Seite aber auch im Geschäftsbetrieb erforderlich. Mit einer Beitragsreihe von Gastautoren des Protected Shops Teams informieren wir Sie vorab über alle relevanten Rechtsänderungen.

Änderungen des Widerrufsrechts

Die umfangreichsten Veränderungen durch die Umsetzung der VRRL erfährt das Widerrufsrecht, das Verbrauchern gegenüber Unternehmen im Fernabsatz zusteht. Als Online-Händler betrifft Sie das in besonderem Maße. Trotzdem müssen Sie sich nur bedingt sorgen, denn die meisten der neuen Regelungen sind für Sie sehr vorteilhaft.

Fristen

Das beginnt schon bei den Fristen, die beim Widerrufsrechts gelten. Diese werden auf Verbraucherseite drastisch gekürzt.

Widerrufsfrist beträgt 14 Tage, maximal 12 Monate und 14 Tage

Es gibt zukünftig nur noch die europaweit einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen, innerhalb der der Verbraucher den Vertrag widerrufen kann. Die aktuell noch mögliche Monatsfrist aber vor allem auch das „unendliche Widerrufsrecht“ entfallen endgültig. Stattdessen gibt es eine Maximalfrist von 12 Monaten und 14 Tagen. Ist diese abgelaufen, darf der Verbraucher sogar dann nicht mehr widerrufen, wenn Sie ihn überhaupt nicht oder falsch über sein Widerrufsrecht belehrt haben.

Rückgewährfristen werden für beide Vertragsparteien auf 14 Tage gekürzt

Ebenfalls 14 Tage wird ab dem 13.6.2014 die Frist betragen, innerhalb der der Käufer nach Widerruf die Ware an Sie zurückzusenden hat. Diesbezüglich werden die Verbraucherrechte erheblich beschränkt. Denn bisher konnten diese sich mit der Rücksendung Zeit lassen.
Allerdings müssen auch Sie zukünftig innerhalb von 14 Tagen den Kaufpreis zurückzahlen. Nach aktueller Rechtslage haben Sie immerhin 30 Tage Zeit.

Rückabwicklung des Vertrages nach erklärtem Widerruf

Die weiteren Regelungen bzgl. der Rückabwicklung des Vertrages, nachdem der Verbraucher seinen Widerruf erklärt hat, sind allerdings durchaus unternehmerfreundlich.

Zurückbehaltungsrecht

So dürfen Sie beispielsweise – unabhängig von der 14-Tage-Frist – mit der Rückzahlung solange warten, bis Sie entweder die Ware selbst oder einen Nachweis vom Käufer erhalten haben, dass er sie zum Versand an Sie aufgegeben hat. Der Gesetzgeber gesteht Ihnen folglich ein Zurückbehaltungsrecht zu, das den Verbraucher zwingt in „Vorleistung“ zu gehen (im Gegensatz zur aktuellen Rechtslage).

Verteilung der Versandkosten

Zukünftig wird auch gesetzlich klar geregelt, wer – nach Widerruf – welche Lieferkosten zu tragen hat. Zwar werden Sie weiterhin mit den „Hinsendekosten“ belastet. Das entspricht allerdings der aktuellen Rechtsprechung und ändert deshalb für Sie zukünftig nichts. Es ändert sich allerdings die Höhe der Kosten die Sie zurückzahlen müssen. Denn der Gesetzgeber hat sie zu Ihren Gunsten „gedeckelt“. Sie müssen zukünftig die Hinsendekosten nur noch in Höhe des von Ihnen angebotenen Standardversands rückerstatten, nicht daneben auch die Gebühren für Sonderlieferungen (z.B. Express- oder 24h-Lieferung). Auf diesen bleibt der Käufer sitzen.
Der Verbraucher wird daneben gesetzlich verpflichtet, die Rücksendekosten zu tragen. Zwar können Sie vertraglich auch in Zukunft vereinbaren, die Kosten zu übernehmen, Sie sind aber nicht länger dazu gezwungen! Hinzu kommt, dass Sie sog. „nicht-paketversandfähige Waren“, also Speditionswaren, nicht länger bei Ihrem Kunden abholen müssen. Den Rücktransport auch solcher sperrigen Güter muss der Verbraucher selbst organisieren und bezahlen.

Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher

Ebenfalls geändert wird die Art und Weise, wie der Widerruf Ihnen gegenüber zu erklären ist.

Eindeutige Widerrufserklärung, Wegfall des Rückgaberechts

Vor allem muss der Verbraucher zukünftig „eindeutig“ widerrufen. Was genau darunter zu verstehen ist, muss zwar erstnoch gerichtlich geklärt werden. Feststeht aber bereits jetzt, dass es nicht mehr möglich sein wird, die Ware kommentarlos zurückzusenden oder sie vom Zusteller gar nicht erst anzunehmen, wenn dieser damit vor der Tür steht.
Auf der anderen Seite bedeutet das allerdings auch, dass es ab dem 13.6.2014 kein „Rückgaberecht“ mehr gibt. Dieses kann bis zum Stichtag statt des Widerrufsrechts eingeräumt werden und durch den Verbraucher durch bloße Warenrücksendung ausgeübt werden. Die entsprechenden Regelungen werden ersatzlos aus dem Gesetz gestrichen.

Keine Form für Widerrufserklärung mehr erforderlich

Zwar ist nach neuer Rechtslage kein sog. „konkludenter Widerruf“ durch schlüssiges Verhalten (Warenrücksendung oder –nichtannahme) mehr möglich. Der Verbraucher muss ihn aber auch nicht länger schriftlich erklären. Das heißt, er kann zukünftig auch telefonisch oder online widerrufen.

Muster-Widerrufsformular

Um dem Verbraucher seinen Widerruf – auch grenzüberschreitend – zu erleichtern, stellt der Gesetzgeber ein Muster zur Verfügung, das statt einer individuell formulierten Erklärung verwendet werden kann. Dieses müssen Sie ab dem 13.6.2014 Ihren Kunden – am besten innerhalb der Widerrufsbelehrung –zur Verfügung stellen.

Weitere Ausnahmen vom Widerrufsrecht

Mit der Umsetzung der VRRL werden weitere Ausnahme-Tatbestände in das Gesetz eingefügt. So wird es beispielsweise für „vin en primeur“ überhaupt kein Widerrufsrecht mehr geben. Bei digitalen Inhalten und entsiegelten Gesundheits- oder Hygieneprodukten kann dieses noch vor Ablauf der 14 Tage Frist, also vorzeitig entfallen.

Muster-Widerrufsbelehrung

Wie bereits nach aktueller Rechtslage wird Ihnen auch zukünftig vom Gesetzgeber ein Muster zur Verfügung gestellt, mit dem Sie Ihre Belehrungspflicht gegenüber den Verbrauchern erfüllen können. Im Gegensatz zur jetzigen Situation, ist dessen Handhabung aber deutlich komplizierter. Die enthaltenen Gestaltungshinweise machen die Verwendung dieses Musters nur in wenigen Ausnahmefällen überhaupt möglich. Die meisten Online-Händler werden das Muster nicht verwenden können und deshalb eine eigene Belehrung formulieren müssen. Diese kann dann allerdings von Konkurrenten abgemahnt werden. Mit einer Abmahnwelle ist deshalb gerade in der Anfangszeit der Neuregelung zu rechnen.

Handlungsbedarf

Die Änderungen machen vor allem eine Anpassung Ihrer Widerrufsbelehrung erforderlich und zwingen Sie, einen weiteren Pflichttext – nämlich die Muster-Widerrufserklärung – in Ihr Shop-System einzubinden. Daneben müssen Sie die Abwicklung von Widerrufen neu gestalten. Denn diese sind zukünftig auch telefonisch oder online möglich. Möchten Sie ein Online-Widerrufsformular zur Verfügung stellen, müssen Sie dieses in Ihre Web-Seite eingliedern. Ein über dieses Online-Formular erfolgter Widerruf muss von Ihnen unverzüglich bestätigt werden. Ein entsprechendes System müssen Sie also ebenfalls einrichten.

Weitere Änderungen durch die VRRL

Durch die VRRL wird allerdings nicht nur das Widerrufsrecht geändert. Daneben wird beispielsweise der Katalog der Pflichtinformationen, die Sie Ihren Kunden zur Verfügung stellen müssen, erweitert und zusätzliche Pflichten für den Unternehmer eingeführt. Zurzeit bestehende Rechte werden gestrichen.

Erweiterung des Pflichtenkatalogs

Der Gesetzgeber möchte gewährleisten, dass der Verbraucher eine vollumfänglich informierte Kaufentscheidung trifft. Deshalb zwingt er Online-Händler, bestimmte Informationen zur Verfügung zu stellen. Der entsprechende Katalog wird ab dem 13.6.2014 um einige Pflichtangaben erweitert.
Besonders wichtig dürfte dabei die Pflicht sein, eine Telefonnummer anzugeben. Da diese Angabe nicht optional ausgestaltet ist („ggf.“), sind Sie verpflichtet, überhaupt einen Telefonanschluss vorzuhalten. Über diesen – oder einen speziell dafür eingerichteten Anschluss – kann der Verbraucher zukünftig dann auch seinen Widerruf erklären.

Beschränkung von Gebühren für Hotlines und Zahlungsraten

Verlangen Sie von Ihren Kunden Gebühren für die Nutzung ihres Telefonanschlusses, dürfen diese ab dem Stichtag nicht über die Kosten für die bloße Nutzung des Telekommunikationsmittels hinausgehen. Mehrwertnummern sind dann also unzulässig.
Gebühren für die Nutzung bestimmter Zahlungsarten dürfen Sie zukünftig nur noch verlangen, wenn Sie neben diesen kostenpflichtigen auch mindestens eine unentgeltliche Zahlungsart anbieten. Die zulässige Höhe dieser Gebühren richtet sich daneben nach den Kosten, die Sie selbst durch die Nutzung hatten. Streng genommen dürfen Sie also für die Nutzung bestimmter Zahlungsarten keine Gebühren mehr verlangen, sondern nur noch Ihre eigenen Kosten auf die Kunden umlegen.

Nebenleistungen dürfen nur noch mittels Opt-In-Verfahren vereinbart werden

Bieten Sie neben Ihren Waren auch weitere Dienstleistungen an, z.B. Sachversicherungen, Installationsarbeiten oder den Aufbau der bestellten Möbel, dürfen Sie diese sog. Nebenleistung ab dem 13.6.2014 nur noch mittels Opt-In-Verfahren mit Ihren Kunden vereinbaren. Haben Sie zurzeit innerhalb Ihres Bestellprozesses entsprechende Vereinbarungen bereits vorangekreuzt, müssen Sie diese Vorgehensweise ändern.

Keine Ersatzlieferungen mehr zulässig

Ab dem 13.6.2014 haben Sie nicht mehr die Möglichkeit, Ihren Kunden – vertragserfüllend – eine in Qualität und Preis vergleichbare Ware statt der eigentlich bestellten zu übersenden. Eine solche Ersatzlieferung wird dann nämlich als „unbestellte Leistung“ im Sinne des Gesetzes angesehen. Der Verbraucher dürfte sie behalten, ohne den Kaufpreis zahlen zu müssen.

Handlungsbedarf

Sie müssen die Seiten in Ihrem Web-Shop, auf denen Sie die gesetzlich erforderlichen Angaben machen, inhaltlich anpassen. Die neuen Informationen müssen Sie einfügen, die nicht mehr notwendigen müssen Sie streichen. Sofern Sie noch keinen geschäftlichen Telefonanschluss haben, müssen Sie sich einen zulegen. Bieten Sie zurzeit keine Zahlungsart kostenlos an, müssen Sie das bis spätestens 13.6.2014 ändern. Verlangen Sie von Ihren Kunden Gebühren für die Nutzung einer „Hotline“ oder für bestimmte Zahlungsmethoden, müssen Sie diese möglicherweise senken. Haben Sie Nebenleistungen innerhalb des Bestellprozesses bereits vorangekreuzt, müssen Sie dieses Opt-Out-Verfahren in ein Opt-In-Verfahren umwandeln. Ersatzlieferungen sollten Sie nicht mehr vornehmen, weil der Verbraucher dafür den Kaufpreis nicht zahlen muss.



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